Eine faszinierende Reise durch die Mongolei, Teil 1 - 24notes
17017
post-template-default,single,single-post,postid-17017,single-format-standard,bridge-core-3.1.4,qode-page-transition-enabled,ajax_fade,page_not_loaded,,hide_top_bar_on_mobile_header,qode-theme-ver-30.3,qode-theme-bridge,wpb-js-composer js-comp-ver-7.5,vc_responsive
 

Eine faszinierende Reise durch die Mongolei, Teil 1

Eine Reportage von Bernhard Schwendemann

Eine faszinierende Reise durch die Mongolei, Teil 1

Eine spannende Reise durch ein faszinierendes Land

Ja, wie kommt man denn in die Mongolei? Eigentlich ganz einfach, man setzt sich in ein Flugzeug und fliegt 9 h lang 7000 km fast genau nach Osten. Aber man muss sich schon den richtigen Tag heraussuchen, denn von Deutschland aus gehen nur drei bis vier Mal pro Woche die Flüge nach Ulaanbaatar, der Hauptstadt der Mongolei. Es geht aber auch anders, ich habe auf dem Rückflug einen Engländer getroffen, der war von London aus in drei Monaten alleine in die Mongolei geradelt und flog nun wieder nach Hause. In einem kleinen Dorf in der Gobi trafen wir einen Franzosen, er war mit dem Motorrad in vier Woche hierher gekommen und wollte in vier Woche auch wieder zurückfahren. Wir sahen auch mal einen Landrover mit deutschem Kennzeichen und einem älteren Paar.

Warum Mongolei?

Aber man kann die Eingangsfrage auch anders verstehen. Ich kam 2015 zum ersten Mal in die Mongolei, weil ich mich als Freiflieger für die deutsche Nationalmannschaft qualifiziert hatte und die Weltmeisterschaft 50 km östlich von Ulaanbaatar stattfand. Anschließend machte ein Teil des Teams eine 10-tägige Rundreise, organisiert von einem kleinen mongolisch-deutschen Reisebüro. Ich war so fasziniert von diesem Land mit seiner unglaublichen Weite, den eindrucksvollen Landschaften und den freundlichen Menschen, dass ich 2017 mit dem gleichen Büro drei Wochen in der Mongolei unterwegs war.

Die meisten Touristen reisen hier organisiert, denn auf eigene Faust ist es schwierig in einem Land, dessen Sprache uns nur schwer zugänglich ist, in dem mit kyrillischen Buchstaben geschrieben wird, in dem es kaum Straßen gibt – die meisten Pisten würden bei uns nicht einmal als Feldwege durchgehen, praktisch keine Straßenschilder – auch ein GPS würde nicht viel helfen, Mietwagen sind sehr rar. Je nach Gruppengröße reist man in einem oder mehreren Fahrzeuge von der Größe eines VW-Buses, Allrad ist Voraussetzung. Entweder fährt man in einem älteren Mitsubishi Delice, mehr Komfort, weniger robust, oder mit einem Furgon, der mal der in der russischen Armee diente, kein Radio, kein ABS, keine Sicherheitsgurte, kein Zigarettenanzünder zum Handy nachladen, aber Allrad mit den nötigen Sperren, robust und auch mitten in der Gobi reparierbar.

Über das Land

Die Mongolei hat rund 3 Millionen Einwohner, die Hälfte davon lebt in der Hauptstadt Ulaanbaatar, der Rest verteilt sich auf eine Fläche viermal so groß wie Deutschland. Das ergibt dann weniger als einen Einwohner pro Quadratkilometer (Deutschland hat rund 230 pro km2). Das Klima ist extrem kontinental, weder -40 C im Winter noch +40 C im Sommer sind eine Seltenheit.

Die Mongolei hat nur China und Russland als Nachbarn, was politische und wirtschaftliche Auswirkungen hat. Innerhalb des Ostblocks war die DDR für die Mongolei „zuständig“. Unter sowjetischen Einfluss wurden das Gesundheits- und das Schulsystem stark ausgebaut. Die Analphabeten-Rate sei heute in der Mongolei niedriger als in Deutschland, habe ich mir sagen lassen.

Viele Mongolen haben in der DDR studiert und sprechen sehr gut deutsch. Nach der Wende wurde diese enge Beziehung direkt auf die Bundesrepublik übertragen. Die Verfassung hat viele Ähnlichkeiten mit der französischen und der deutschen. Armut und Korruption sind heute große Probleme des Landes, nach OECD-Maßstäben sind ein Drittel der Mongolen arm. Je nach Sichtweise hört man als Charakterisierung des politischen Systems, „das Land mit dem besten Stand der Demokratie, verglichen mit anderen Staaten, die etwa gleichlang demokratisch sind“ oder auch „Die Mongolei ist eine korrupte Oligarchie“.

Aber ich möchte hier keinen Reiseführer schreiben, sondern von meinen Eindrücken berichten.

Die Anreise

Der Flug von Berlin mit der mongolischen Fluggesellschaft MIAT mit einer ziemlich neuen B767 mit Zwischenlandung in Moskau ist eher „harmlos“, er geht über Sibirien, hier gibt es viel grün, viel Wasser, immer wieder Anzeichen von menschlicher Besiedlung. Mein erster Flug ging von Istanbul über Bischkek (Hauptstadt von Kirgisistan). Hier fliegt man stundenlang über unwirtliche Gegenden, ohne Städte, Straßen, Wasser, einfach nur Wüste – eindrucksvoll, aber irgendwie auch erschreckend. In Moskau beim Wiedereinsteigen treffe ich die beiden anderen Mitreisenden, zwei Schweizerinnen.

Ulaanbaatar

In Ulaanbaatar kommen die junge Reiseleiterin, der erfahrene Fahrer mit seinem Furgon und – als Überraschung – ein Profikoch dazu. Damit ist das Team komplett, ein „Betreuungsverhältnis“ von 1:1! Und wir harmonieren die ganzen drei Wochen gut miteinander. Trotz Flug über Nacht und gegen die Sonne, geht es nach kurzem Frischmachen im Hotel gleich in die Stadt. Ulaanbaatar ist gegensätzlich: modernste Bauen, wie man an sie z.B. in Singapur auch finden kann, marode Plattenbauten aus der russischen Zeit, außen herum die Jurten und Hüttensiedlungen der Armen. In der Zeit des Wirtschaftsbooms wurde dank der vielen Rohstoffe viel gebaut, inzwischen ist der Boom vorbei.

Aber es gibt Viertel für die „Schönen und Reichen“ mit Zaun drum rum und Tor. Viele Autos sind alte Japaner mit Lenkrad rechts, gefahren wird in der Mongolei aber rechts. Und dazwischen dann teure Mercedes-Geländewagen, bevorzugt mit dunkel Scheiben und in der AMG-Version oder auch Lexus-SUVs. Der Verkehr ist chaotisch, öffentlichen Nahverkehr gibt es nur mit wenigen alten Bussen, die Luft ist schlecht. Ein riesiges Parlamentsgebäude, ein wieder aufgebautes Kloster, ein Museum zur Landesgeschichte und -kultur, ein russisches Denkmal mit tollem Blick über die Stadt.

Und Dschingis-Khaan ist überall, so heißt das Flugzeug, so heißt der Flugplatz, so sitzt er riesengroß vor dem Parlament, so sitzt er auf seinem Pferd als 25 m hohes Denkmal außerhalb der Stadt, die meisten Mongolen sind stolz auf ihn, auch wenn er ein brutaler Krieger war.

Wer die Route verfolgen möchte:

Richtung Süden

Am nächsten Tag geht es raus aus der Großstadt Richtung Süden, Richtung Gobi, zunächst noch auf asphaltierter Straße. Die Landschaft zieht uns in Bann. Anfangs nicht gerade spektakulär, aber die Weite fasziniert, sie ist nicht uniform, sondern wechselt immer wieder die Struktur. Bald wird die Straße recht leer, einige, oft völlig überladende LKW, Einheimische auf dem chinesischen Motorrad, größeres Kind vor Papa, kleineres Kind zwischen Papa und Mama – Helme sind hier sehr unüblich.

Es geht weiter nach Süden, die Strecke bietet schon das volle Programm, Schaf-, Ziegen- und Kuhherden sowie die Jurten der Nomaden links und rechts der Straße. Auch Adler und Geier sitzen am Straßenrand, den Anlass für die Geier sehen wir bald: eine tote Kuh im Straßengraben. Doch dann geht es ab auf die Pisten, manchmal kaum zu erkennen, zum Glück haben wir einen sehr erfahrenen Fahrer. Fast kein Abend, an dem nicht irgendwas an seinem Furgon schrauben muss. Wir erreichen die Klosterruine Baga gazriin Chuluu  in einer kleinen Oase, hier gibt es frisches Grün, ringsum nur kleine, eher graue Pflanzen, die mit ganz wenig Wasser auskommen.

Es ist schon später Nachmittag und so können wir diese eigenartige, völlig ruhige, kontemplative Atmosphäre ganz ungestört genießen. Die erste Nacht im Zelt, jeder der drei Touristen bekommt ein Zweimannzelt. Und Zelten heißt immer: kein Wasser, kein Strom, keine Toilette, keine Handynetz. Abends packt unser Koch dann seinen zweiflammigen Gasherd aus und kocht sehr schmackhaft für uns. Das Essen ist eine Abwandlung der mongolischen Küche für uns, also weniger Fett, nicht ganz so viel Fleisch, mehr Gemüse, auch Obst. Für den Abend haben wir Drei noch ein paar Bierdosen für alle eingekauft, es gibt mehrere, gute mongolische Sorten. Und die Überraschung in den kleinen Dorfläden: Gut&Günstig von Edeka ist stark vertreten, auch Original Haribo-Goldbären gibt es – überhaupt sehr viele, sehr bunte Süßigkeiten.

Übernachtet wird im Zelt

Nachts kommt Regen und Sturm auf – ich packe meine Sachen schon mal, falls ich in den Bus flüchten muss. Aber die Zelte halten und sind dicht – in den nächsten Nächten kann ich dann unbesorgt schlafen. Und es sind nie mehr als zwei Zeltnächte am Stück, dann folgen ein oder zwei Übernachtungen in einem Jurten-Camp. Da habe ich eine Jurte (mit drei Betten) für mich alleine, zumindest zeitweise Strom, ein Sanitärgebäude mit Toiletten und Dusche und ein Restaurant für Frühstück und Abendessen.

Wir sind schon in der legendären Gobi, man darf sie sich allerdings nicht wie die Sahara vorstellen. Der Großteil ist eine Stein- und Felswüste, es wachsen durchaus noch kleine Pflanzen, aber je weiter man nach Süden kommt, desto größer wird er Abstand zwischen den Pflanzen. Zuvor wandern wir durch die Geierschlucht Yoliin am, sie ist teilweise so eng, dass die Sonne nicht bis auf den Schluchtgrund vordringt, so können wir im Juni über das Eis klettern.

Dann fahren wir weiter zur über hundert Kilometer langen, mehrere hundert Meter hohen Sanddüne Khongoriin. Der Anblick der Düne ist beeindruckt, der Aufstieg ganz schön anstrengend (zwei Schritt hochsteigen, ein Schritt herunterrutschen). Aber noch unangenehmer ist der heftige Wind, der nun nicht nur fast umbläst, sondern unsere Gesichter „sandstrahlt“. Die Kameras haben wir rechtzeitig im Rucksack verstaut.

Am südlichsten Punkt

Hier haben wir unseren südlichsten Punkt erreicht (China ist nicht mehr weit). Nun geht es weiter Richtung Norden und langsam wir die Natur wieder grüner und es gibt wieder Futter für die Tiere der Nomaden. Die Dinosaurier-Fundstelle Bayan Zag fasziniert durch ihre roten Landschaftsformationen. Klöster, gut erhaltene, Ruinen, wiederaufgebaute Teile sind immer wieder Stationen auf unserer Reise, jetzt kommen wird durch das Ongi Tal zum Kloster Ongi. Bei der Mittagsrast, bei der, wie fast immer, unser Koch mitten in der „Pampa“ uns lecker bekocht, sehen wir eine ältere Frau, die in einem ausgetrockneten Bachbett seit fünf Tagen einen Brunnen gräbt. Ein Loch, in das sie gerade reinpasst und schon tiefer ist, als sie groß ist. Ein kleines Mädchen muss ihr die Schüssel mit Sand und Wasser abnehmen, das sie heraus buddelt.

Und hier endet der erste Teil von Bernhard Schwendemanns Reisereportage. Die Fortsetzung ist hier auf 24notes.

Bildergalerie zum erste Teil der Reise

No Comments

Post A Comment