„Im Licht und Schatten des Kreuzes“ - 24notes
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„Im Licht und Schatten des Kreuzes“

„Im Licht und Schatten des Kreuzes“

Gedanken zu einer ungewöhnlichen Foto-Serie

Einundzwanzig Fotografien von Kreuzen zu fotografieren, um sie dann auszustellen, das passt wohl vor dem Hintergrund der Vorwürfe sexueller Gewalt in den beiden großen Kirchen unserer Landes nicht mehr in die Zeit, wird manch einer sagen. Doch, es passt, sage ich als der Fotograf.

Die Idee zu dieser Foto-Serie und den seit 2014 damit stattfindenden Foto-Ausstellungen in etlichen Teilen Deutschlands kam mir im Jahre 2013. Die vielen Kreuz-Fotografien, die ich im Laufe der Jahre auf meinen Reisen und während der Urlaube gemacht hatte, ließen schon früh den Plan in mir reifen, einige dieser Fotos irgendwann in einer Ausstellung zu zeigen. Mit Hilfe der Malteserwerke Köln (meinem damaligen Arbeitgeber) wurde daraus schließlich eine Fotoausstellung konzipiert und realisiert, die die unterschiedliche Kreuze und deren Ausstrahlung dokumentieren sollte. Die Ausstellung, betitelt „Im Licht und Schatten des Kreuzes“, sollte in verschiedenen Einrichtungen der Malteser, in Kirchen (evangelisch und katholisch) aber auch in anderen Einrichtungen gezeigt werden, denen die Malteser, aber auch ich als Fotograf,  besonders verbunden sind. Seit 2014 wurden diese Kreuz-Bilder u.a. in Bad Wimpfen, Büren, Bad Wünnenberg, Salzkotten, Paderborn, Lichtenau, Detmold, Langenberg, Warstein-Belecke, Soest und Coesfeld zumeist in Kirchen ausgestellt.

Der Titel der Foto-Serie und -Ausstellungen soll darauf verweisen, dass mit dem jeweils abgebildeten Kreuz einerseits positive, freudvolle und schöne, andererseits aber auch negative, schicksalhafte, belastende und unbequeme Situationen und Stationen im Leben von Menschen verbunden sind, von denen meine Fotografien „erzählen“ wollen, wo das Kreuz den Glauben, die christlichen Werte, die Hoffnung und das Positive im Leben bezeugen und vertiefen soll und gleichzeitig dem Schwachen und Schicksalsgeplagten eine Stütze sein, ihn wieder stark machen und zum Leben ertüchtigen will.

Jürgen Kemper

Böddeken

Das Kreuz überdauert

Aufnahme-Ort:   Böddeken bei Büren

Dieses Kreuz steht in der Ruine der Klosterkirche des ehemaligen Augustinerklosters Böddeken bei Büren, das bereits 836 n. Chr. als Kanonissenstift im Sinne des Augustinerordens gegründet wurde.

Anfang des 15. Jh. wurde das Kloster von den Augustinerchorherren übernommen und wuchs zu einem der bedeutendsten und größten deutschen Klöster, 1803 wurde es durch den Reichsdeputationshauptschluss aufgelöst. Seit 1822 bis heute ist die Anlage ein landwirtschaftliches Gut in Privatbesitz. Das gotische Chorschiff in seiner heutigen Gestalt stammt aus dem Zeitraum 1470 / 1480 und verfiel nach der Klosterauflösung, steht aber heute unter Denkmalschutz.

Das Kreuz in der Ruine scheint wie ein Zeichen in den Himmel aufzuragen, das sagt „Seht her, ich überdauere alles!“ und ist seit je her beeindruckend.

Das Kreuz leuchtet überall

Kreuz versus Kapital

Aufnahme-Ort:   Frankfurt / Main

Das goldene Kreuz der Matthäuskirche hebt sich besonders von den Hochhausbauten im Banken- und Verwaltungs-Viertel Frankfurts im Westend ab.

Es wirkt wie eine symbolische „Bastion“ der christlichen Werte gegen die immer weiter um sich greifenden materialistischen und kapitalistischen Werte unserer modernen und globalisierten Konsumgesellschaft.

Was wird sich zukünftig durchsetzen: die christlichen Werte, die Solidarität mit den Armen und Schwachen, die soziale Gerechtigkeit, die Nächstenliebe oder die soziale Kälte und der Egoismus, die Nachhaltigkeit oder die Verschwendung von Ressourcen, der Materialismus und der Hyper-Kapitalismus oder gar der Kommunismus?

Wohin werden sich Mensch und Gesellschaft orientieren?

Das Wort des Johannes gegen Krieg Berlin

Johannes` Wort unter dem Kreuz

 Aufnahme-Ort:   Berlin (Gedächtniskirche)

Hat der Glaube wirklich die Welt mit all ihren Schrecken, Grausamkeiten, Ungerechtigkeiten und Kriegen überwunden?

Diese Frage stellt sich, wenn man das Kruzifix sieht und die Worte des Johannes in der Berliner Gedächtniskirche liest. Bei der Bildbearbeitung wurde ein Gewehr aus dem 1. Weltkrieg hinzugefügt, um den Gegensatz zwischen den Worten des Johannes, die eigentlich unser Leben und Handeln leiten sollten, und den Ungerechtigkeiten, den Unterdrückungen und den Kriegen auf der Welt,  anschaulich darzustellen.

Explosion des Todes US Friedhof

Explosion des Todes

Aufnahme-Ort:   Maastricht (Niederlande)

Dieses Foto entstand schon in den 1970er Jahren mit einer analogen Kamera, als ich in der Nähe von Maastricht einen US-Soldatenfriedhof besuchte, den Netherlands American Cemetery and Memorial.

Die vielen weißen, in einer bestimmten Symmetrie angeordneten Kreuze der im 2. Weltkrieg gefallenen US-Soldaten faszinierten und irritierten mich damals gleichermaßen. Dieser Friedhof zeigt wie alle Soldatenfriedhöfe, wie viele Menschen in Kriegen gestorben sind, in diesem Fall amerikanische Soldaten, die Europa und vor allem Deutschland vom NS-Regime Hitlers befreit haben, dabei aber ihr Leben ließen.

Auf solchen Soldatenfriedhöfen zeigt sich die Explosivität und Allgegenwart von Krieg und Tod. Gleichzeitig fordern diese Kreuze unsere Solidarität mit den Opfern und zwingen uns zum Nachdenken.

Gläsern und farbig

Gläsern und farbig

Aufnahme-Ort:   Soest

Dieses Kreuz in der Soester Petrikirche imponierte mir auf Anhieb.

Es hat eine besondere Ausstrahlung, die sich in der goldenen Umrandung und dem Kristallglas des Kreuzes ohne Korpus zeigt. Es ist ein Kreuz, das edel, farbig, transparent, Licht durchflutet, beruhigend und imposant in seiner Symbolkraft ist. Es wirkt auf jeden, auf den gläubigen Christen wie auf den nicht so gläubigen Menschen.

Es zeigt uns, wie und was der Glaube sein kann, Licht und Hoffnung in unserem Leben.

Hegensdorfer Kreuz

Das Hegensdorfer Kreuz

Aufnahme-Ort:   Büren

Das Holzkreuz steht an der Straße mitten im Haarener Wald zwischen Büren und Bad Wünnenberg-Haaren und gehört zu den so genannten drei Kreuzen.

Diese Stelle ist für mich eine besondere Stelle der Erinnerung, verlor doch hier Anfang 2003 eine liebe Kollegin bei einem tragischen Autounfall unverschuldet ihr Leben. Dieses Hegensdorfer Kreuz ist für mich, aber auch für andere Kollegen und Mitmenschen, ein Symbol der Erinnerung an die Verstorbene und Mahnung, in dem Waldstück besonders vorsichtig zu fahren. Es steht für die Schattenseiten des Lebens, den plötzlichen Tod, der uns alle unvorbereitet treffen kann.

Im Licht des Kreuzes

Im Licht des Kreuzes

Aufnahme-Ort:   Büren

Das Kreuz befindet sich in Bürens berühmter barocker Maria Immakulata-Kirche, auch Jesuitenkirche genannt, die eine der schönsten Barockkirchen Norddeutschlands und Sehenswürdigkeit Bürens ist.

Die Kirche wurde im 18. Jh. von den Jesuiten als Kirche zu ihrem Kolleg gebaut. Dieses Kreuz wird von der Hand einer Altarfigur gen Himmel gestreckt und leuchtet golden. Den Jesuiten ist diese wunderschöne Kirche zu verdanken, ihnen, die im Zeichen des Kreuzes gedient, gearbeitet und gelebt haben. Ein architektonisches, künstlerisches und atmosphärisches „Highlight“.

Korpus und Gewölbe Stralsund

Korpus und Gewölbe bilden das Kreuz

 Aufnahme-Ort:   Stralsund

Als ich 2009 das erste Mal in der alten Hansestadt Stralsund war, habe ich alle großen Kirchen besucht und fotografiert.

Eine Kirche hatte etwas Besonderes, die Jakobikirche, sie war umgewidmet zur Kulturkirche für Ausstellungen und Kulturveranstaltungen. Dort befindet sich diese überlebensgroße Holzstatue des Amos vom Künstler W.D. Groß aus dem Jahre 1951. Mit einem Fischaugenobjektiv habe ich die Skulptur, das Fenster sowie das Deckengewölbe eingefangen und hinterher festgestellt, dass sich in diesem Bild  aus der Komposition ein Kreuz ergibt.

Kreuz auf der Kampenwand

Kreuz auf der Kampenwand

 Aufnahme-Ort:   Kampenwand bei Aschau

Dieses Gipfelkreuz auf der 1669 m hohen Kampenwand in Bayern ist das größte in den bayerischen Alpen.

Im Jahre 2005 bin ich zusammen mit meiner Familie zu Fuß mühsam auf den Berg gestiegen und habe dieses Kreuz knapp unterhalb des Gipfels fotografiert. Dieses Foto machen zu können, war wie eine Belohnung, dazu kam noch der grandiose Ausblick auf den Chiemsee und die bayerischen Alpen.

Um die Wirkung zu erhöhen, habe ich das Kreuz-Foto mit dem Foto einer starken Wolkenformation kombiniert. So zeigt das Bild sehr schön, dass sich Himmel und Erde berühren, das Gipfelkreuz quasi die Verbindung zum Himmel herstellt.

Kreuz in der Jeanstasche

Das Kreuz in der Jeanstasche

Aufnahme-Ort:   Büren

Auf die Idee zu diesem Foto hat mich ein ähnliches Foto in einer Zeitschrift gebracht.

Eine meiner Töchter stellte ihre Jeans zur Verfügung, das kleine Kreuz, das ich seit dem Tode meines Vaters besitze, steckte ich in die linke vordere Jeanstasche und fertig war das Motiv.

Aber was soll es? Das Kreuz ist zeitlos, ist unabhängig von Kleidung und Modetrends, ist für Jung und Alt da, ist ein Zeichen der Trauer, des Nachdenkens, der Freude, ist ein Angebot an alle und wird heute auch von jungen Leuten nicht mehr nur als Mode-Accessoire getragen.

Kreuz und Menora Usedom

Kreuz und Menora

 Aufnahme-Ort:   Krummin, Insel Usedom

Auf einer Fotoreise auf die Insel Usedom habe ich 2008 / 2009 u.a. auch die kleine ehemalige Klosterkirche St. Michael besucht und fotografiert.

Beeindruckt hat mich in dem spätgotischen Querschiff das alte Kruzifix, das aus der Zeit um 1500 stammt, und in Verbindung mit dem runden farbigen Kirchenfenster aus dem Jahre 1992 / 93, das eine Menora als Symbol für die jüdische Urreligion zeigt, eine besondere Kombination darstellt.

Hier sind sinnbildlich die jüdische Urreligion und das Christentum vereint.

Kreuzdurchblick in Warburg

Durchblick durch das Kreuz

Aufnahme-Ort:   Warburg

Ein Kreuz im Kreuz in der Warburger Apostelkirche, das einen Durchblick auf einen Teil das Altargemäldes ermöglicht, Abstraktes im Kreuz des Konkreten, diese Besonderheit des Kreuzes abzubilden, ist meine  Absicht mit diesem Foto.

Es entstand eine Foto, das durch seine Reduktion auf das kleine innere Kreuz und das angedeutete große Kreuz eine interessante, ich nenne es mal, „eigenkünstlerische“ Ausstrahlung, bekommt.

Weil er glaubte Buchenwald sw

Weil er glaubte

 Aufnahme-Ort:   Gedenkstätte KZ Buchenwald bei Weimar

Dieses Bild ist eine Fotomontage aus einem Foto von der originalen KZ-Häftlingskleidung und einem Foto mit einem von einem Häftling selbst gebastelten Kreuz aus Plastikmaterial. Die beiden Fotos entstanden bei einem Besuch im KZ Buchenwald bei Weimar. Beeindruckt hat mich besonders das Kreuz, das ein Häftling wohl heimlich gebastelt hat. Das Kreuz interpretiere ich in dieser Situation als Symbol für den Halt, den Glauben an ein Überleben in dieser „Hölle“, den Glauben an eine bessere Zeit nach der KZ-Haft, wenn der Häftling sie denn überlebte, den Glauben an Gott, der dem Häftling beistehen möge und ihn bei sich aufnehmen möge.

Zu früh getötet

Zu früh getötet

Aufnahme-Ort:   Paderborn

Dieses Kreuz steht am Straßenrand von Elsen, einem Ortsteil von Paderborn in Westfalen, kann leicht übersehen werden, trifft den Betrachter aber ins Mark, wenn er es sich genauer anschaut. Ein 16-jähriger junger Mann ist bei einem Unfall an dieser Stelle verstorben, überfahren worden. Das Kreuz ist Erinnerung und Mahnung zugleich, Erinnerung an einen jungen Menschen, Mahnung, Rücksicht und Umsicht im Straßenverkehr walten zu lassen. Insofern ist dieses Kreuz ein Symbol, das einen Schatten wirft, den Schatten des zu frühen Todes.

Christus vereist

Vereister Christuskorpus

Aufnahme-Ort:   Bad Wünnenberg-Leiberg

Das Kreuz mit dem Korpus steht in Bad Wünnenberg-Leiberg auf einer Anhöhe an der Straße inmitten von Feldern. Ich fotografierte es an einem eiskalten Wintertag und war ob der Vereisung des Holzkorpusses sehr beeindruckt. Das Kreuz symbolisiert für mich eine Art „modernes Leiden“ Christi in unserer heutigen Welt, dem er sich auch heute nicht entziehen will wie auch damals, als er für uns Christen am Kreuz  gelitten und uns durch seinen Tod erlöst hat.

 

Lieber Jürgen, vielen Dank für diesen sehr berührenden Gastbeitrag

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1 Comment
  • Valeria Fäh
    Posted at 00:11h, 02 Mai Antworten

    Lieber Jürgen, vielen Dank für diese berührende Foroserie. Mit lieben Grüssen, Valeria Fäh

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