Magnum Manifesto - 24notes
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Magnum Manifesto

Eine Ausstellung im Kunstfoyer der Versicherungskammer

Magnum Manifesto

Jeder in München, der sich für Fotokunst interessiert weiß es: die Ausstellungen im Kulturfoyer kosten keinen Eintritt. Trotzdem wird jedes Mal große Fotokunst dargeboten – auch bei der aktuellen Ausstellung „Magnum Manifesto“. Diesmal geht es um Fotografie an der Grenzlinie zwischen Fotoreportage und Kunstfotografie.

Am Anfang war der Sektkorken…

Viele Legenden ranken sich um die Fotoagentur Magnum, und die erste davon finden wir bereits bei deren Schöpfungsgeschichte. Angeblich beschlossen 1947 im New Yorker Museum of Modern Art fünf prominente Fotografen (Henri Cartier Bresson, David Seymour, William Vandivert, George Rodger und Robert Capa) bei einer Flasche Magnum Champagner die Gründung einer unabhängigen Agentur. Vor allem um die Rechte der Mitglieder an ihren Bildern besser zu schützen, insbesondere gegenüber den Nachrichtenmagazinen. Einen Beleg dafür gibt es keinen, lediglich der Name „Magnum“ sollte in die Geschichte eingehen. Urkundlich zum ersten Mal belegt ist Magnum durch die Eintragung im Handelsregister. Jene Urkunde finden wir auch gleich am Beginn der Ausstellung. Viele andere große Fotografen aus den Bereichen Fotoreportage, aber auch einige mit künstlerischem Ansatz sollten sich im Lauf der Zeit der Gruppe anschließen. Jetzt kann die Agentur auf siebzig Jahre Geschichte zurückblicken.

Magnum Manifesto – zum 70. Geburtstag der Agentur…

Die Ausstellung zeigt eine Reihe von Highlights jener großen Fotografen, die dieser Agentur angehören bzw. zu ihren Lebzeiten angehört hatten. Eines ihrer Anliegen war von Beginn an die Fotoreportage, bei einigen von ihnen auch künstlerisch angehauchte Fotografie, gerade auch während der letzten Jahre. Die Gründungszeit fiel zusammen mit der Gründung der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Genau diese wollten sich die ursprünglichen Mitglieder der Agentur auf die Fahne schreiben, und darauf richtet die Ausstellung ihren Schwerpunkt. Die Themenauswahl vieler der Fotografen spricht auch dafür. Wir finden hier sowohl Kriegsreportagen, Fotos von in der Gesellschaft Benachteiligten, ebenso wie Bilder, die dem Betrachter bestimmte Ideale nahebringen sollen. Daneben finden wir auch Dokumentationen von künstlerischen Events, vereinzelt auch mit Prominenten. Allerdings keine Fotos vom Laufsteg oder aus dem Show-Business.

Die Fotografen hinterließen uns hier mit ihren Bildern einen Rückblick auf viele Ereignisse der vergangenen siebzig Jahre: von den Prozessen gegen die Kriegsverbrecher in Nachkriegsdeutschland, über den Aufstand in Ungarn 1956, den Kriegen in Indochina bis hin zum Nordirlandkonflikt und dem Mauerfall in Berlin.

Viele Namen von Fotografen, deren Bilder wir hier in der Ausstellung vorfinden sind keine unbekannten, alle kann ich sie gar nicht aufzählen. Die Bandbreite reicht dabei von klassischem Fotojournalismus, über Fotodokumentationen eines Thomas Hoepker (das bekannteste deutsche Magnum Mitglied), so skurrilen Unikaten wie dem Briten Martin Parr (so schräg er ist, so sehr schätze ich ihn) bis hin zu den künstlerischen Fotografien eines Paolo Pellegrin zum Thema Flüchtlinge im Mittelmeer.

Siebzig Jahre großer Fotojournalismus – ein Statement

Heute noch mehr als vor siebzig Jahren gilt eine Sache grundsätzlich: geschmack- und stilvolle Fotos sind für guten Fotojournalismus ein non plus ultra. Da will ein Betrachter keine Bilder aus der Tagespresse sehen und erst recht keinen Selfi vom Mobiltelefon. Dies schufen die Magnum Mitglieder zu allen Zeiten. Große Fotografie bescherte aber zu diesem Zweck vielen der Fotografen einen extrem gefährlichen Job. Nicht wenige von ihnen sind oder waren Kriegsfotografen. Und manchen ereilte dabei dasselbe Schicksal wie den im Krieg oder Konflikt kämpfenden Soldaten. So starb bereits 1954 Robert Capa, einer der Gründer, in Indochina beim Tritt auf eine Tretmine.

Fotojournalismus mit Respekt gegenüber den abgebildeten Personen

Die gute Absicht von „Magnum“ (nämlich zur Verwirklichung der Ideale der Menschenrechte beizutragen) mag bei den Fotografen zu allen Zeiten vorhanden gewesen sein. Trotzdem gibt es, so finde ich, bei Fotojournalismus immer auch eine Kehrseite der Medaille. Ganz ohne Sensationsmache lässt sich Fotoreportage gar nicht betreiben. So wie bei Modefotografie das Credo „Sex sells“ nicht wegzudenken ist, so wäre Fotojournalismus ganz ohne die Sensationsgier der Konsumenten nicht denkbar. Und wenn der Fotograf oder Fotokünstler die Bilder an den Mann bringen will, dann muss er eben auch diesem negativen Trieb des Betrachters ein Stück weit nachgeben. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild in einem Nachrichtenmagazin oder in einem Fotoband erscheinen soll.

Bei meinen Besuchen der Ausstellung hatte ich persönlich doch den Eindruck, dass die Fotografen z.B. den Angehörigen von Randgruppen mit dem nötigen Respekt gegenübertraten und diesen mit ihren Bildern auch eine Stimme gegeben haben. Sprich sie schafften es mit den Fotos, bestehende Missstände in der Gesellschaft aufzuzeigen. So z.B. die Bilder aus der Welt der Sinti und Roma eines Joseph Koudelka. Gleich mehrere Fotografen machten sich auch daran, die früher herrschende Misere in der Psychiatrie zu dokumentieren. Mit Respekt gegenüber den Patienten – aber gleichzeitig mit der bitternötigen Eindringlichkeit.

Fotos die Geschichte erzählen – und die Geschichte machten

Eine Diaschau am Ende der Ausstellung zeigt einen Überblick über Magnum plus die Sichtweise der zugehörigen Fotografen über die Agentur. Begleitet von Klaviermusik von Johann Sebastian Bach. Außerdem kann man über die Ausstellung auch einen Katalog käuflich erwerben.

Der Besuch lohnt sich – für jeden

Die Ausstellung lohnt sich meiner Ansicht nach für das breite Publikum. Auch für Familien mit Kindern – Grausamkeiten bleiben bei den Bildern zwar nicht aus, allerdings wirken sie nicht verstörender als das, was auch täglich im Fernsehen zu sehen ist. Neben den Fotos gibt es in der Ausstellung auch Zusatzmaterial zu den Bildern zu sehen, wie Textauszüge aus Nachrichtenmagazinen.

Einen kleinen Wermutstropfen möchte ich nicht verschweigen: wie bei jeder Ausstellung gibt es am Anfang auch einen Überblick über die Geschichte des Protagonisten, sprich hier der Magnum Agentur. Allerdings finden wir diesen hier recht klein gedruckt. Wer eine Lesebrille braucht, der sollte diese also auf jeden Fall mitnehmen.

Die Ausstellung ist täglich von 9 – 19 Uhr geöffnet. Bis zum 27.Januar 2019.

Zwei Links noch

https://www.versicherungskammer-kulturstiftung.de/en/kunstfoyer/magnum-manifesto/

http://www.magnumphotos.com

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1 Comment
  • Igor Bogachev
    Posted at 21:39h, 16 Dezember Antworten

    Und danke für die heikle Wahrheit und Hoffnung.

    PS

    Tatsachen
    Fragwurdigkeit
    Dasein

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