Die Geschichte von Herrn D. oder Herz ist Trumpf? - 24notes
16412
post-template-default,single,single-post,postid-16412,single-format-gallery,bridge-core-3.1.4,qode-page-transition-enabled,ajax_fade,page_not_loaded,,qode-title-hidden,hide_top_bar_on_mobile_header,qode-theme-ver-30.3,qode-theme-bridge,wpb-js-composer js-comp-ver-7.5,vc_responsive

Die Geschichte von Herrn D. oder Herz ist Trumpf?

„Herz ist Trumpf“

Es war einmal ein gewisser Herr D., der war ein erfolgreicher Geschäftsmann und Privatbanker, der es über die Jahre zu Ruhm und Reichtum gebracht hatte. Er konnte sich alles leisten, vom schicken Rolls-Royce, der Villa an der Côte d’Azur bis hin zum Privatjet samt Piloten. Nur sein Heißluftballon, der war ihm vergangenen Monat leider geplatzt, und er hatte es bislang noch nicht geschafft, ihn zu ersetzen. Er schaffte es immer, die richtigen Karten zu ziehen, die Regeln seines Kartenspiels waren natürlich allesamt auf seinem (Bock)mist gewachsen. Herz war bei seinem Kartenspiel nie Trumpf, auch nicht Pik, denn „piekfein angezogen“ war er immer, trotz seiner zuweilen etwas mangelhaften Kenntnisse in  Orthografie. Kleinkariert, das konnte er sich bei seinem Job nicht leisten, denn ein Gockel zeigt seine Farben genauso gerne wie ein Pfau. Schwarzweiße Scheuklappen, das ist ein anderes Thema. Aber ein Kreuz, das war er für definitiv jeden in seinem Dunstkreis, der nicht nach seiner Pfeife tanzte. Nur ein paar Jasager, die verdienten dank ihm angeblich ein riesiges Schweigegeld…äh vor allem ein Schweinegeld!

Das schwarz-weiße Programm

Allmählich wurde die Luft kalt um ihn. Sein Stern als Banker verblasste ganz nebenbei auch ein wenig. Also zog sich unser Herr D. etwas wärmer an und übte sich ein wenig in Demut. Trotzdem war seine Figur doch noch aufgeblasen genug, dass er seinen Schatten weiter auf den Rasen und den Asphalt werfen konnte. Und er hatte sich ein neues Ziel gesetzt: er will seine Heimatstadt (wo er genau herkommt das weiß keiner) nach seinem Gutdünken aufziehen und bei den Menschen dort der Big Star sein, wie er es als Banker gewohnt war. Ein heller weißer Stern, der die Stadt wieder im alten Glanz erstrahlen lässt.

Vor der Mauer

Also begann er sich, der Mauer langsam aber sicher zu nähern, doch als sein Schatten immer näher an die Mauer herankam, da merkte er: die Stadtmauer hatte ihr backsteinrot verloren und war gänzlich schwarz-weiß angelaufen. Eigentlich doch sogar passend zu seiner schwarz-weißen Brille, die er ständig mit sich herumtrug. Auch in seinem Kopf scheint alles schwarz-weiß zu sein. Also erdachte er sich sein schwarz-weißes Regierungsprogramm für die Wahl zum Bürgermeister von Schwarz-Weiß-Stadt (ja ganz genau so war der Name seiner Geburtsstadt), ja dem Oberhaupt der freien Republik Schwarz-Weiß-Stadt. Nur ein paar Eckpunkte daraus: Immigration für Flüchtlinge aus Entenhausen: immer! Wüstenbewohner, wohl eher nicht, der Sand hat sie viel zu sehr verstaubt. Alkohol; soviel wie möglich, da könnte er mit der Steuer darauf vielleicht ordentlich absahnen. Känguruhs? Nein, da hat er in Australien immer noch einen Großonkel der damit sein Geld verdient. Da wollte er nicht reinfunken. Einfuhr von Goldfischen: nein, denn für Fischfutter soll es hohe Zölle geben. Außerdem sollte im Rundfunk keine Popmusik mehr gespielt werden dürfen, außer Backstreet Boys. Der Rest soll hier besser nicht beschrieben werden (ich habs gelesen, das Wahlprogramm ist in der Tat nicht einmal so geistreich wie diese Story)

Die Stadtbürger hinter der Mauer denken wohl auch alle schwarz-weiß, sonst hätten sie ihre Mauer wohl nicht so angemalt. Also passt doch seine schwarz-weiße Sichtweiße ganz gut dazu, nicht wahr? Der dreieckige Gott ist der Gute, der viereckige der Schlechte, ähnlich wie in einem Spaghetti-Western. Gibt es eine bessere Berufung für ihn? Wohl eher nicht!

An der Mauer

Der erste Schritt bedeutete: Herr D. musste über die Mauer rüber. Da bekam er dann aber immer mehr Probleme Der schwarz-weißen Mauer kam er immer näher. Doch die Luft für sein schwarz-weißes Herumschreien ging ihm immer mehr aus. Sogar in der Stadtkaserne gab es nicht einen Offizier, der hysterischer über den Kasernenhof geschrien hätte.

Und was passierte dann? er schaute noch kurz über die Mauer rüber und sah die Dächer seiner Heimatstadt, in ihren alten Farben, so wie er sie aus seiner Kindheit und Jugend kannte. In Color! Und auf der Mauer selbst gab es jetzt schon keinen Schatten mehr von ihm. Größer werden an der Mauer momentan nur die Schatten jener Bäume, die er bereits jetzt auf seinem Mist gepflanzt hat. Hat er sämtliche Schwarz-Weiß Farbe aus seinem Körper rausgeprustet, oder hat er sich einfach aus dem Staub gemacht?

Keiner weiß es mit Sicherheit. Nur habe ich noch über ein halbes Jahr lang in den Mauern jener Stadt gelebt, einen Aasgeier habe ich die ganze Zeit nie am Himmel herumfliegen sehen. Also lebt unser Herr D. wohl noch, ist auch vielleicht splitternackt ausgezogen worden, dass man ihm jetzt aber nicht ans Leder wollte, obwohl das ganze Stadtleben kopfstand und ihm nicht einmal mehr Zeit blieb mit Pauken und Trompeten zu versagen, das fand ich schon in Ordnung. Wenn ich Geld in Herrn D. investieren wollte, würde ich vielleicht dafür sorgen, dass er seinen bunten Ballon repariert bekommt, den kann er vielleicht gerade jetzt dringend gebrauchen! Ich hoffe nicht, dass er sein ganzes Geld für seinen Schwarz-Weiß Wahlkampf verprasst hat.

?Und die Moral von der Geschichte?

Die Bilder fotografierte ein Zeitungsreporter, bis zum Ende unserer Geschichte. Herr D. konnte vor der Mauer eine Weile lang den Schreihals spielen und seinen Schatten auf den Boden werfen. Schwarz-Weißmalerei ist heutzutage tatsächlich nicht nur eine Volksseuche, sondern eine globale Pandemie. Geholfen hat es noch keinem! Und schwarz-weiß mit schwarz-weiß zu bekämpfen? Ich kenne Leute mit einem ähnlichen Größenwahn wie Herr D., besser bluffen aber, das traue ich keinem davon wirklich zu.

Bleibt zu hoffen, dass Herr D. seine Bank nicht auch noch herunterwirtschaftet. Musste er etwa  aufgeben weil er zu schon weit in der Kreide stand? Möglich schon, denn sein kaputter Heißluftballon war zwar ein knalliges, aber doch ein eher etwas schäbiges Modell. Wer dafür schon nicht das Geld hat…? Bleibt zu hoffen, dass auf seinem Bockmist vor der Stadtmauer nicht noch ein ganzer Urwald wächst!

 

No Comments

Post A Comment