Vorleben - 24notes
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Buchtipp

Vorleben

von Georg M. Oswald

Vorleben

Vorleben von Georg M. Oswald – erschienen 2020 im Piper Verlag, München

Mit seinem neuen Roman „Vorleben“ hat Georg M. Oswald erneut einen Treffer gelandet. Einerseits ein spannender Krimi, andererseits aber auch ein Bild der Münchner Künstlergesellschaft. Aber nicht nur das. Ganz speziell tauchen wir hier ein in das Milieu des Münchner Glockenbachviertels – Gentrifizierung pur in der heutigen Zeit im Kontrast mit der berüchtigten Zeit der dortigen „Outlaws“ so in den 80er Jahren. Also damals, als sich auch u.a. Freddie Mercury in der dortigen Szene herum tummelte…

…der Autor

Mittlerweile ist er ja ein Erfolgsautor. Kennengelernt hatte ich ihn bereits im Jahr 2002. Nicht nur durch seinen großartigen Roman „Alles was zählt“. Nein, ich bin ihm damals sogar bei einer Lesung persönlich begegnet. Im Jahr 2002 gab es hier in München einmal eine „Literaturnacht“ im Stil einer „Langen Nacht der Museen“…an diesem Abend gab es im Literaturhaus eine Serie mit Lesungen unter dem Titel „Das blaue Sofa“ – mit Wolfgang Herles! Beim dortigen Auftritt habe ich von dem Autor zum ersten Mal etwas gehört. Ich kaufte ich sein Buch postwendend nach der Lesung – samt Signatur. Ich war rundum überzeugt, sowohl von seinem Schreibstil als auch von den Themen über die er schrieb.

Im Lauf der Jahre habe von ihm nicht restlos alle, aber doch eine ganze Reihe von seinen Büchern gelesen. Immer liefert er dabei eine spannende Story, oftmals in Gestalt eines Krimis. Spannung aber ist nur ein Element, welches seine Bücher interessant macht. Gleichzeitig gibt er bei vielen seiner Bücher auch einen guten Einblick in bestimmte gesellschaftliche Milieus hier in München samt Umland. Etwa in „Im Himmel“ in die „Untiefen“ der gehobenen bürgerlichen Gesellschaft am Starnberger See, oder auch in „Lichtenbergs Fall“ in das Umfeld der Staranwälte in der Großstadt. Das Buch „Vorleben“ kaufte ich mir kurz vor dem Lockdown, ganz einfach, weil ich davon ausging, dass der Name des Autors Wort hält. Er hat es getan.

…mittelmäßige Journalistin trifft auf Star Cellisten…

…also begibt sich die Protagonistin Sophia auf den Sprung von der Spree an die Isar. Es tut sich ein Job bei einem Symphonieorchester für sie auf…obwohl klassische Musik für sie doch eigentlich ein weißer Fleck auf ihrer Landkarte ist…für viele der Besucher, die das von ihr Geschriebene in die Hand bekommen allerdings nicht weniger. Schon beim Vorstellungsgespräch lernt sie den Cellisten Daniel kennen, in den sie sich verliebt und zu dem sie postwendend in seine Dachwohnung einzieht. Ihr neues Zuhause also befindet sich nun also im schicken Münchner Glockenbachviertel…

…Tauchgang in die Vergangenheit…

Im Lauf der Story tauchen wir dann nicht nur in die Beziehung des etwas ungleichen Paares ein. Sondern vor allem in Gegenwart und Vergangenheit jenes illustren Münchener Stadtviertels und seinen mitunter legendären Lokalitäten. Etwa das Hotel Olympic in der Hans-Sachs-Straße oder das Pimpernel, nahe des Sendlinger Tors.  Das „Optimal“, der legendäre Plattenladen in der Kolosseumstraße, jener Laden in dem sich Sophia einen jener „Reiseführer für Einheimische“ besorgt, – existiert noch heute.

In besagtem Buch erfährt Sophia von einem legendären Münchner Kriminalfall in der Vergangenheit. Auch hat sie in Daniels Tagebücher herumgeschnüffelt und Fotos einer exzentrischen Frau entdeckt…und da macht es bei ihr Klick! Das Opfer aus besagtem Kriminalfall in jenem Buch sieht der Dame auf den losen Fotos im Tagebuch ihres Partners doch verdammt ähnlich? Hat Daniel in etwa…mit dem was damals geschah etwas zu tun?

…die Abgründe der Spießergesellschaft…

Der Autor lässt den Leser im Lauf der Story immer mehr unter die Oberfläche der vermeintlich heilen Spießerwelt blicken. Dabei macht er Rückblenden in die „wilde Zeit“ des inzwischen weitgehend luxussanierten Glockenbachviertels – samt der damals dort ansässigen Szene in den 80ern – in den heruntergekommenen teils auch besetzten Häuser. Tja, auch in München gab es so etwas…

…und ihre Blüten…

Praktisch alle Protagonisten des Romans sind last but not least nichts weiteres als Ausbrecher aus der ach so braven Spießergesellschaft. Angefangen mit der Light Variante in Gestalt von Sophia bis hin zu den damals in jenen tragischen Kriminalfall verwickelten Personen. Allesamt Runaways, sowohl die zu Tode gekommene Nadja, Max Färber, der sich als Journalist in der Großstadt versuchte und – auch wenn nicht ausdrücklich erwähnt – der psychisch schwer angeschlagene Stephan Gundlach. Sex, Drugs und….zum Bleistift Psychic TV – so lautete das Motto dieser Aussteigertruppe…

…und Daniel

…an dieser Stelle möchte ich nicht vorgreifen. Nach und nach gibt der Roman anhand kleiner und großer Details dem Leser ein Bild des erfolgreichen Cellisten. Kein Kind von Traurigkeit….so viel sei schon verraten – etwas anderes würde bei Georg M. Oswald an dieser Stelle auch gar nicht passen…

…also:

…wie bei Oswald immer mehr als nur ein spannender Krimi. Auch diesmal wieder richtet er den Blick hinter die Fassade der Protagonisten – nicht nur beiläufig…sondern recht detailliert bis hinab in die Abgründe von deren Persönlichkeiten. Trotz mitunter grausiger Details bleibt der Autor stets sachlich und wird nie unangemessen aufreißerisch. Dass Krimis keineswegs oberflächlich sein müssen, dafür liefert Oswald auch hier wieder ein gutes Beispiel…alles in allem also ein lesenswertes Buch.

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